Burnout als Ausdruck der Entfremdung

In den vergangenen 20 bis 30 Jahren hat sich die Situation am Arbeitsmarkt stark verändert. Die Aspekte der Globalisierung und der Wandel von Technologien, Werten und Arbeitsverhältnissen haben die Menschen vor neue Herausforderungen gestellt. Der Leistungsdruck im Kapitalismus und die Ausbeutung sorgen dafür, dass immer mehr Menschen an Burnout leiden. Die Entfremdung sieht Lisbeth Jerich als eine der Hauptursachen der Erkrankung, die sie in ihrer Dissertation am Institut für Organisations- und Personalmanagement der Universität Graz www.uni-graz.at unter die Lupe genommen hat.

 

"Meine Studie unterscheidet sich von anderen Burnout-Untersuchungen dahingehend, dass dort diese Erkrankung als Folge von Arbeitsstress beschrieben wird", so Jerich im pressetext-Interview. Das sei allerdings nicht nachvollziehbar. Es gebe viele Menschen, die Stress haben, aber vom Burnout weit entfernt sind. "Lediglich der Stress, der vom Entfremdungsaspekt ausgeht, führt zum Burnout", so die Wirtschaftswissenschafterin. Dabei spiele die Beziehung der Menschen zu ihrer Arbeit eine große Rolle. "Waren es vor rund 30 Jahren noch in erster Linie idealistische Bestrebungen, die für die Hinwendung zu einer bestimmten Arbeit verantwortlich waren, so sind es heute eher eigennützige Motive, wie das Streben nach Geld, Macht und Prestige", erklärt Jerich. "Die Suche nach der Selbstverwirklichung bleibt zunehmend auf der Strecke. Das führt zu einem verstärkten Wertekonflikt und daraus resultierend zu einer inneren Gleichgültigkeit, eine Sinnleere und bloßem Materialismus." Die Folge davon sind Entfremdungsgefühle gegenüber der Arbeit und den Kollegen." Für Jerich ist der Verlust dieser Ideale gesellschaftliche Hauptursache von Burnouts.

 

"Der Grundstein für Burnouts wird häufig schon bei der Berufswahl gelegt", urteilt die Wirtschaftswissenschaftlerin. Es sei oft schwierig, eine authentische, also den Interessen und Neigungen entsprechende Berufswahl zu treffen. "Die von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellten Informations- und Beratungsleistungen reichen nicht mehr aus, um einer fremdbestimmten Laufbahn entgegenzuwirken. Entscheidungstrainings erscheinen hier Erfolg versprechender."

 

Der Wandel der Wirtschaft hat seine Spuren auch im zwischenmenschlichen Bereich hinterlassen. "Denn Burnout ist nicht nur Ausdruck der Entfremdung von der Arbeit, sondern vor allem auch von den Kollegen." Das Arbeitsklima in so genannten "modernen Unternehmen" sei oft durch systematische Schikanen gekennzeichnet. Konkurrenzorientiertes Klima - mit hohem Leistungsdruck, drohendem Arbeitsplatzabbau oder Reorganisationsmaßnahmen kommen noch hinzu. "Mobbing am Arbeitsplatz und eine schlechte Arbeitsatmosphäre gehen Hand in Hand", erklärt die Expertin. Gegenmaßnahmen könnten eine Umgestaltung der Arbeitsorganisation, Aufklärung und Schulung, Konfliktbeauftragte sowie der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu partnerschaftlichem Verhalten am Arbeitsplatz sein.

 

Durch den immer größeren Druck der Unternehmen die Gewinne zu maximieren, gebe es Konzepte wie "Re-engineering"; "Downsizing" und "Lean Managment". "Aber genau solche Rationalisierungsbestrebungen machen die immer lauter werdenden Forderungen nach einer Humanisierung der Arbeit schwierig." Dabei steht Jerich den steilen Hierarchien sehr kritisch gegenüber. "Im Management-Bereich herrscht vielerorts immer noch tiefste Steinzeit. Zudem funktioniert die Kommunikation in vielen Unternehmen schlecht bis gar nicht", urteilt die Forscherin, die das Human Ressources Management beim Steuerberatungs - und Wirtschaftsprüfungsunternehmen TPA-Horwath www.tpa-horwath.com leitet.

 

"Natürlich gibt es Menschen, die durch bestimmte Persönlichkeitsmerkmale eher zu Burnouts neigen als andere", meint Jerich. Allerdings können diese Merkmale nicht als Auslöser angesehen werden. Gesellschaftliche, institutionelle und interpersonelle Faktoren spielen immer eine Rolle. "Tatsache ist jedoch, dass im Prinzip jeder Burnout-gefährdet ist", so Jerich abschließend im pressetext-Interview.

 

Aussender: pressetext.austria, see www.pressetext.at

Ansprechpartner: Wolfgang Weitlaner

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